Rückblick

 

Nachrufe

Wir trauern um drei Persönlichkeiten, die das Festival Musica Franconia in seiner Ausrichtung und seinem fast 30jährigen Bestehen maßgeblich mitgeprägt, gefördert und erhalten haben. Sie waren für mich ganz persönlich richtungsweisend, hilfreich und anspornend, weil sie neben ihrer herausragenden beruflichen Kernkompetenz auch Neigung, Kenntnisse und Verständnis für eine Form der Kultur hatten, die nicht dem Mainstream diente. Für mich war ihre Wertschätzung und Zuneigung motivierend und der Abschied macht mich einsam.

Prof. Dr. Franz Krautwurst, geboren 1923, ist am 30. November 2015 im Alter von 92 Jahren in Erlangen verstorben. 1956 erfolgte seine Habilitation mit einer Schrift über „Die Heilsbronner Chorbücher“ an der Universität Erlangen. Regionalforschung bildete den Schwerpunkt seiner musikwissenschaftlichen Arbeit. Eine Vielzahl von Forschungsergebnissen veröffentlichte er in Fachzeitschriften und Lexika. Doch er verharrte nicht im Elfenbeinturm der Wissenschaft sondern war bis zuletzt auch als Komponist und Musiker kreativ. Diese umfassende Breite faszinierte mich und ich war glücklich, dass ich bei ihm studieren konnte. Für Generationen von Musikstudenten hat er die Tür der Schatzkammer fränkischer Musiküberlieferung geöffnet. Das Entdeckte habe ich bei Konzerten im Dehnberger Hof Theater und mit dem Hans Sachs Chor aufgeführt. Als Spiritus Rector und Ehrenmitglied der „Musica Franconia“, die sich seit 30 Jahren durch Konzerte, Noteneditionen sowie CD- und Rundfunkproduktionen der Pflege diesen Erbes verpflichtet fühlt, hat er bis zuletzt mit Rat und Tat am Programmkonzept von Musica Franconia mitgewirkt. 2007 wurde er mit dem  Wolfram-von-Eschenbach-Preis des Bezirks Mittelfranken und 2008 mit dem Bundesverdienstkreuz am Bande ausgezeichnet.

  Dr. Alfred Roithmeier, geboren 1932, ist am 9. Oktober 2015 im Alter von 83 Jahren in Nürnberg verstorben. Bis zu seiner Pensionierung war er als Vorstandssprecher des Fränkischen Überlandwerkes tätig. Dank seiner weitgespannten kulturellen Interessen, die durch das Studium von Germanistik und Cellospiel vertieft worden waren, entdeckte er für sich und seinen umfangreichen Freundeskreis das Dehnberger Hof Theater, dessen Entwicklung er mit Rat und Tat unterstützte. Der Hans Sachs Chor, den ich über 30 Jahre geleitet habe, war beim Aufbau des Theaters intensiv handgreiflich beteiligt. Logischerweise stellten er und seine zahlreiche Konzert-Anhängerschaft auch anfangs das Publikum. Dies bestärkte wiederum die musikalische Ausrichtung des Programmes. Als sich nun aus den drei Quellen Musikalische Schatzkammer Frankens, Dehnberger Hof Theater und Hans Sachs Chor die Idee zu Musica Franconia - Musikalische Denkmalpflege entwickelte, gestaltete Dr. Roithmeier das Konzept intensiv mit und gründete die Gesellschaft Musica Franconia, die er fast 25 Jahre als Präsident führte. Das Konzept war ihm eine Herzensangelegenheit und für das Festival war es ein Segen, dass sich in seiner Person Kulturkompetenz, gesellschaftliche Reputation und Einflussmöglichkeit uneigennützig verbanden.

Gerd Lohwasser, geboren 1941, ist am 5. Januar 2016 im Alter von 74 Jahren in Erlangen verstorben. Von 1990 bis 2003 amtierte er als Bezirkstagspräsident von Mittelfranken. Neben den vielen Pflichtaufgaben dieses Gremiums nutzte er dessen Gestaltungsmöglichkeiten im kulturellen Bereich und übernahm die Trägerschaft des Festivals Musica Franconia - Fränkischer Sommer als identitätsstiftendes Band zwischen den Regionen 7 und 8. Dem „Freundeskreis Fränkischer Sommer“ hat er als Präsident von 2004 bis zu dessen Auflösung 2012 vorgestanden. Seiner Kulturaffinität, seinem historischen Weitblick und seinem diplomatischen Geschick, kurz, seinem persönlichen Einsatz ist es zu verdanken, dass diese Konzertreihe fernab von Massenevents stetig gedeihen konnte, international renommierte Künstler in 151 Orte Mittelfrankens brachte und wichtige Zeugnisse fränkischer Musikgeschichte durch Radio- und CD-Aufnahmen einer weiten Öffentlichkeit zugänglich machte.

Wolfang Riedelbauch

Musica Franconia 2015

28 Jahre Musica Franconia, Internationale Festtage Alter Musik – 28 Jahre „Musikalische Denkmalpflege“. Das klingt nach einfallsloser Wiederholung – weit gefehlt!

Die Schatztruhe mit Musikwerken in Bezug zur Kulturgeschichte Frankens ist unerschöpflich. Man braucht das Konzept nicht zu ändern, es erneuert sich selbst durch das Entdecken und Wiederbeleben unerhörter, faszinierender Klangereignisse. Nach wie vor schätzt eine große Zahl von Kennern und Liebhabern diese sinnenfrohe „Musikalische Denkmalpflege“ in Harmonie von Raum und Klang – das Erleben von 1200 Jahren Musikgeschichte im „Originalklang“, an sorgfältig auf die Inhalte abgestimmten Orten begeisternd vorgestellt von international renommierten Spezialisten.

Die regionale Kulturgeschichte bestimmte diesmal das Festival und ließ uns die 14 Aufführungen nach Themen-Wochenenden ordnen:

4 Konzerte feierten die Fertigstellung der ersten wissenschaftlichen Gesamtausgabe von Johann Pachelbels Vokalwerk nach acht Jahren akribischer musikwissenschaftlicher Forscherarbeit. Die elfbändige, hervorragend ausgestattete Ausgabe durch den Bärenreiter Verlag kündet von glanzvollen Festmusiken der Reichsstadt und bildet ein Musikalisches Denkmal Nürnbergs von weltweiter Bedeutung.

3 Konzerte - zu seinem 500.Geburtstag - bewiesen die ungebrochene Faszination und überraschende Vielseitigkeit von Caspar Othmayr: „Antidota“, 30 Motetten nach Texten des sarazenischen Kirchenvaters JohannesDamascenus (7./8. Jhd), in der lateinischen Übersetzung durch den Nürnberger Humanisten Willibald Pirckheimer; „Symbola“, fünfstimmige Motetten über Wahlsprüche bedeutender Zeitgenossen, wie Luther und Melanchthon sowie der Nürnberger Ratsherrn und schließlich im Münster Heilsbronn, einst Wirkungsstätte Othmayrs, dessen motettische Bearbeitungen der Liedschöpfungen Martin Luthers, berührend gestaltet von der Himlischen Cantorey.

Zu Shakespeares 450. Geburtstag hatten wir im vorigjährigen Festival „A Midsummer Night’s Dream“ in der erstmaligen Vertonung als Oper durch den 1712 in Ansbach geborenen Händel-Schüler, Weggefährten und Nachfolger Händels, J. Chr. Smith, Kostproben offeriert und diesmal als „The Fairies“ In Dehnberg und in der Ansbacher Sommerresidenz Triesdorf in opulenter Besetzung in einer hinreißenden, bewegten und bewegenden Inszenierung durch Beat Wyrsch als deutsche Erstaufführung zu beifallsgekröntem Erfolg geführt.

Standing Ovations, garniert mit vielstimmigen Bravorufen, ernteten die Solisten der Staatsoper Antalya durch ihre ausdrucksvolle, packend dramatische Gestaltung des „Hercules“ von Händel, feinnervig und auch zupackend assistiert vom Barockorchester, „La Banda“. Händel selbst hat diese Werk als „A new musical drama“ bezeichnet und Romain Rolland urteilt, Hercules stelle „den Gipfel des Händelschen und, man darf sogar behaupten, überhaupt, des Musikdramas der Zeit vor Gluck“ dar. Erstaunlich, dass dieses Werk noch nie vorher in Nürnberg aufgeführt worden ist.

Ihren 100. Geburtstag feierte die größte erhaltene Strebel-Orgel in Röthenbach. Mit facettenreichen Farbabstufungen, raffinierten Registerkombinationen und kontrastreicher Dynamik versetzte der Erlanger Universitätsmusikdirektor Konrad Klek die Hörer in einen hochromantischen Klangrausch.

Als Vorgeschmack auf 2016, das 250. Todesjahr des Schweden Johan Agrell, der seine letzten 20 Lebensjahre als „Director Chori Musici“ in Nürnberg wirkte, konnte die Nürnberger Ratsmusik mit virtuoser Kammermusik in der Erlanger Orangerie begeistern.

Jubiläumsjahr 2012

Das Jubiläumsjahr 2012 erbrachte nicht nur künstlerisch den bisher größten Erfolg einer kontinuierlichen Entwicklung, sondern belohnte uns auch mit einer Auslastung von über 90% aller verfügbaren Plätze und den bisher höchsten Karteneinnahmen. In diesem Vierteljahrhundert konnten wir bei 662 Konzerten an 275 stilistisch sorgfältig ausgewählten Spielstätten in 151 Orten Mittelfrankens und aller angrenzenden Bezirke einem erlebnisbereiten Publikum aus Kennern und Liebhabern rund 1000 namhafte Solisten und 590 Ensembles aus 23 Ländern vorstellen, allesamt international renommierte Spezialisten für historisch informiertes Musizieren.

Unser konsequent hochkarätig umgesetztes Konzept der „musikalischen Denkmalpflege“ mit regionalen Wurzeln und internationalen Blüten hat seine Anziehungskraft nicht verloren, auch nachdem der Bezirk sich aus der gemeinsamen Konzertreihe Fränkischer Sommer-Musica Franconia (2000 bis 2012) als Träger und Förderer zurückgezogen hat.

Die 10 Konzerte im Sommer 2013, wieder unter dem ursprünglichen Namen Musica Franconia, waren trotz bescheidenem Werbeaufwand hervorragend besucht, die Hälfte sogar ausverkauft. Dankenswerterweise haben alle beteiligten Künstler mitgeholfen, das Festival trotz unserer finanziellen Notlage weiterzuführen.

Im Folgenden finden Sie Dokumente zur Geschichte von Musica Franconia zum download:




Lexikon Fränkischer Komponisten

Herausgegeben zum 25. Jubiläum
von Musica Franconia








25 Jahre Musica Franconia

Jubiläumsfestschrift zu den 25. Internationalen Festtagen Alter Musik Nürnberg